expeditionen
„No necesitamos un guía, tenemos un permiso.“ Das heißt soviel wie „Wir brauchen keinen Bergführer, wir haben eine Lizenz“ und ist unser neuer Lieblingsspruch geworden. Angefangen hat das Ganze damit, dass der Torres del Paine Nationalpark im Winter ohne Guide nicht bewandert werden darf. So weit, so gut haben wir gedacht, das kennen wir schon von anderen Parks, diesmal war die Sache aber komplizierter. Wir mussten zu zwei verschiedenen Behördenstellen rennen, mit vier verschiedenen Sachbearbeitern reden und sehr oft unsere Alpenvereinsausweise herzeigen aber am Ende haben wir eine offizielle Expeditionsbewilligung ausgestellt bekommen. L ist nun als Expeditionsleiterin („Jefe de la Expedición“) bei der Parkbehörde registriert und wir dürfen uns überall frei bewegen.
Der Torres del Paine Nationalpark ist das Naturjuwel Patagoniens. Wir schlafen für fünf Nächte im günstigsten aber immer noch teuren Hotel Pehoé, das malerisch gelegen auf einer Insel steht und nur über eine kleine Fußgängerbrücke zu erreichen ist. Mit uns im Hotel wohnt eigentlich nur ein Dokumentationsteam der BBC, das in den letzten Wochen Pumas gefilmt hat und jeden Morgen mit riesigen Kameras und Tarnkleidung in die Wildnis aufbricht.
Alles hier ist ein bisschen spartanisch. Warmes Wasser steht nur abends und morgens zur Verfügung, die ganze Anlage wird durch einen tuckernden Generator mit Strom versorgt, Internet gibt es nur in der Lobby und das ist ziemlich langsam. Weil das Hotelrestaurant nur Burger auf der Karte stehen hat, kochen wir in unserer Badewanne (wegen der Brandgefahr) jeden Abend Pasta mit verschiedenen Saucen und sind eigentlich rundum zufrieden. Trotzdem lässt uns das Gefühl nicht los, dass diese Zimmerkocherei entweder verboten oder zumindest unangebracht ist und darum verstecken wir den Gasherd nach jeder Benutzung vor der Putzfrau. Dafür ist der Ausblick von unserem Fenster phänomenal.
Unsere Zusatztanks haben sich hier zum ersten Mal wirklich ausgezahlt. Die nächste Tankstelle ist etwa zweihundert Kilometer entfernt und wir brechen jeden Morgen mit dem Auto in ein anderes Parkgebiet auf. Nun, nach drei Nächten geht der Sprit zur Neige und der Koarl muss bis zu unserer Abreise stehenbleiben. Das trifft sich aber gut, da seit der Früh ein enormer Schneesturm jede Aktivität im Freien verhindert.
Aber zurück zum ursprünglichen Thema. Der Wetterbericht hatte den Schneesturm bereits vor einigen Tagen angekündigt und so haben wir uns entschieden, die großen Touren ganz am Anfang unseres Aufenthalts zu unternehmen. Zuerst brechen wir auf zu den berühmten Torres del Paine, den blauen Türmen. Auf dem Weg überholen wir viele geführte Touristengruppen, die sich wie müde Tausendfüßler den Berg hinaufschieben. Wir sind bei jedem Überholvorgang heilfroh über die Freiheiten einer Expeditionslizenz und immer wenn ein entrüsteter Bergführer fragt, ob wir alleine unterwegs sind, ruft L stolz: „No necesitamos un guía, tenemos un permiso!“
Am Tag darauf wollen wir zum Mirador Britanico wandern, der Weg ist jedoch als Tagestour zu weit. Außer man kreuzt einen etwa 20m breiten Fluss von der Straße aus, dann sieht es, zumindest auf der Karte, so aus, als könnte man es an einem Tag schaffen. Abenteuerlustig starten wir möglichst früh, schleichen einen verbotenen Weg zum Fluss hinunter und… scheitern kläglich. Das Wasser hier kommt direkt aus dem Gletscher. Wir ziehen Schuhe und Socken aus, warten etwa einen Meter hinein und drehen sofort wieder fluchend um weil uns die Füße abfrieren. Wir versuchen es noch ein, zwei Mal, aber erstaunlicherweise ist das Wasser an allen Stellen gleich kalt. Letztendlich geben wir uns von der wilden Natur geschlagen und entscheiden uns für eine kürzere Wanderung ohne Wasser.
Es passiert uns nun auch immer mehr, dass wir etwas Heimweh empfinden und uns darauf freuen, zurück nach Europa zu reisen. Das ständige Unterwegssein entkräftet uns beide sehr, trotz herrlicher Landschaften und Erlebnisse. Als letzte große Hürde müssen wir uns noch vom Koarl trennen. Das ist weniger ein emotionales Problem (der Koarl ist immer noch ein Auto) als vielmehr ein rechtliches. L unterschreibt bei jeder Einreise ein Zolldokument, in dem sie garantiert, dass der Koarl innerhalb einer bestimmten Zeit das Land wieder verlässt. Wir können ihn also nicht einfach stehenlassen.
Hallo meine Lieben, mit Faszination sehe ich die Fotos an, eines unbeschreiblich schöner als das andere. Nein sie sind alle göttlich, ja wirken beinahe unwirklich so klar und so rein. Ihr müßt ja bei jedem neuen Anblick verzückt sein. Gibt es da so viele Spitzen. Mit Freude lese ich, daß ihr bereits etwas Heimweh habt. Jetzt seid ihr ja beinahe selber guides nach euren vielen Wanderungen. Nach eurem letzten Bild zu urteilen, muß es ja gehörig kalt sein, da ist es dann wirklich Zeit dafür zuhause noch einen schönen Herbst zu genießen, der dann auch in erträglichen Graden auf euch wartet. Also schön zuhause im Hotel bleiben, bis der Schneesturm vorbei ist. Jetzt habt ihr bereits so viele Hütden geschafft, da wird das mit dem Koarl auch noch gut gehen. Er hat euch aber ganz brav und treu immer alles gegeben, da könnt ihr stolz auf ihn sein. Streichelt ihn beim Abschied. Ich war immer traurig, wenn ich eines meiner Autos hergab. Alles Liebe und Gute weiterhin. Ich freue mich sehr, wenn Ihr wieder im Lande seid. Oma