zweites reisedrittel

In der chilenischen Wüste

Unser zweites Reisedrittel hat wild begonnen: Wir haben in La Paz auf Voranzahlung (ohne Rechnung) über Nacht Jacken schneidern lassen, haben der kalten und windigen bolivianischen Hochebene getrotzt und es schließlich, schneesturmbedingt, nur mit Müh und Not über die Grenze geschafft, an der wir zum ersten Mal Zwiebeln, Honig und Paprika abgeben mussten. An das Prozedere des Gemüseopferns beim Grenzüberschreiten haben wir uns nach und nach gewöhnt – obwohl es uns immer noch ein bisschen ärgert.

La Paz von oben
Der Hexenmarkt in La Paz
Die bolivianische Hochebene

Mit der ersten Einreise nach Chile hat sich unsere Reise grundlegend verändert: Chile hat ein Preisniveau ähnlich der Schweiz (während alle bisherigen Länder eher dem von Indien glichen) und das bedeutet für uns: Wildcampen und selber kochen. Bis Santiago geht das gut, die Landschaft ist wüstig und es ist warm. In Chile trifft man kaum noch indigene Bevölkerung, anders als in Peru oder Bolivien. Überhaupt ist alles ein bisschen mehr wie daheim: gepflasterte Straßen, Häuser mit Heizung, warme Duschen. Vor allem Santiago ist sehr international besiedelt und wir fühlen uns nicht wie die einzigen Fremden hier.

Die Saltos de Laja unter Santiago

Das Wichtigste, das jedoch mit Chile kommt, ist Zeit. Wir haben bisher versucht, jeden Tag rauszuholen, der ging, nie mehr als zwei Tage Pause am Stück gemacht und uns im Zweifel immer dafür entschieden, doch noch 100km mehr zu fahren. Alles nur, um möglichst viel Zeit in Patagonien zu haben. Wir geben hiermit offiziell zu: Drei Monate sind nicht genug Zeit, um einen ganzen Kontinent abzufahren. Alleine die komplett konträren Klimazonen, die man durchfährt, machen einen verrückt, ganz abgesehen von den Kulturen, der Landschaft, dem Essen.

Im Vergleich: Tropisches Kolumbien…
… vs. winterliches Chile

Nach Santiago lassen wir es also gemütlicher angehen: In Pucón bleiben wir, weil uns das Hostel so gut gefällt, spontan doppelt so lange wie geplant. Wir freuen uns über andere Reisende dort und verbringen jeden Abend in der gemeinsamen Küche. Es ist ja momentan Winter hier und damit absolute Nebensaison. Das bedeutet kurze Tage, niedrige Temperaturen und keine Touristen. Letzteres ist gleichzeitig sehr super und sehr furchtbar. Ja, wir haben sämtliche Wanderwege für uns, Hotels sind nie ausgebucht und billiger als sonst. Dafür fühlt man sich dauernd, als würde man durch österreichische Skidörfer im Sommer fahren und muss froh sein, wenn man einen offenen Supermarkt oder Tankstelle findet. Außerdem kann man keine Tipps mit anderen Overlandern austauschen, weil sich außer uns niemand diese endlosen Weiten jetzt anzutut. Dafür geht fast kein Wind (für den Patagonien ja bekannt ist) und es regnet auch weniger als im Sommer.

In den patagonischen Nationalparks wechseln wir ständig zwischen Chile und Argentinien hin und her, da abwechselnd auf einer Seite die Straße endet. Entlang der Carretera Austral (Chile) und der Ruta 40 (Argentinien) hangeln wir uns nach unten und freuen uns bei jedem Grenzübertritt wieder ein bisschen mehr über das Schengenabkommen. Die Landschaft ist absurd schön, aber ich glaube, das haben wir mittlerweile oft genug betont. Argentinien ist leistbarer als Chile, doch auch hier wird es mittlerweile zu kalt, um gemütlich im Auto schlafen zu können und unser Essensgeld wird für Hotels verwendet. Trotz berühmt berüchtigtem argentinischen Steak bleiben wir also beim Kochen. Man muss dazusagen, dass ohnehin fast alle Restaurants geschlossen haben.

Die letzten 10 Tage hat uns ein antarktisches Hochdruckgebiet begleitet, das ist aber jetzt vorbei und es beginnt, zu schneien. Am letzten Tag der Schönwetterphase haben wir gestern noch den Perito Moreno Gletscher besucht, der durch ständiges Vorwärtsschieben wahnsinnig laute Geräusche macht und dauernd kalbt. Das bedeutet, wenn man ihn ein Zeiterl anschaut, kann man fast sicher sein, dass irgendwo ein großer Eisbrocken abbricht, runterfällt und dann als Eisberg langsam davontreibt. Morgen fahren wir weiter in den Nationalpark Torres del Paine, von dem wir noch nicht so sicher wissen, ob wir jetzt im Winter überhaupt reinfahren dürfen. Verschiedene Quellen sagen Verschiedenes, die Wettervorhersage ist schrecklich aber wir sind frohgemut und wie immer der festen Überzeugung, dass sich am Ende alles in Wohlgefallen auflösen wird.

Der Gletscher von der Seite
Der Gletscher von vorne
Der Gletscher beim Kalben (da wo es spritzt, ist grad ein Eisbrocken reingefallen)
Eisberg
D und unbekannte HelloKitty-Hand