juan der herzensbrecher
Heute haben wir Juan kennengelernt. Juan ist ein junger Mischlingsrüde, der im Valle de Cocora wohnt. Nach unserer Ankunft per Jeep hat er sich gleich an unsere Fersen geheftet und wurde ganz ohne unser Zutun zum Begleiter. Vollkommen gerührt von so viel Zutraulichkeit tauften wir ihn kurzerhand Juan und genossen seine Gesellschaft auf unserer Wanderung. Erste Zweifel an Juans edlen Motiven kamen auf, als er L ihr Milchbrötchen aus der Hand schnappte und damit von ihrem Frühstück zu seinem Frühstück machte. Wir tadelten Juan, freuten uns aber, dass er trotzdem bei uns blieb. Kurz darauf trafen wir eine Gruppe amerikanischer Touristen, die in die entgegengesetzte Richtung unterwegs war. „Sweet doggie“ und „Oh my god, isn’t he cute“ waren plötzlich viel interessanter für Juan als wir es waren und so ließ er uns enttäuscht im Wald zurück.
Am vorherigen Tag fuhren wir von Medellín, der ewigen Frühlingsstadt nach Salento im saftig-bergigen Herzen Kolumbiens. Medellín pulsiert vor Leben und die Luft ist so voller Abgase und Smog, dass unsere Bronchien krampften. Die Uhrmacher hatten sich alle in einer einzelnen Straße niedergelassen, die Drucker und Automechaniker in einer jeweils anderen, sodass es für jede Profession ein kleines Viertel gibt. Später trafen wir einen schweizer Ökonomen auf Inlineskates, der uns erklärte, dass das etwas mit Kartellbildung zu tun hätte.
Die Straße zwischen Medellín und Salento ist etwa 100 Kilometer lang und mit etwa 100 blockabgefertigten Baustellen gespickt. An einem 30-minütigen Halt kam uns plötzlich die jüngste Sprössin der kolumbianischen Großfamilie aus dem Auto vor uns entgegen und fragte in schüchternem Englisch, woher wir kämen. Wenig später waren wir umrundet vom Rest der Familie und hatten eine unterhaltsame Konversation auf Spanisch, Englisch, Händen und Füßen, die darin endete, dass sie uns mit gebackenen Teigbällchen und Eis versorgten.
Normalerweise reisen wir mit dem Fahrrad. Das Außergewöhnliche am Fahrradfahren ist, dass man seiner Umwelt direkt ausgesetzt ist, dass man auffällt, dass man als anders, oft auch als seltsam erkannt wird. Aber vor allem, dass man angequatscht wird. An jeder Ecke, zu jeder Uhrzeit, in jedem Zustand. Das ist genauso anstrengend, wie es nett ist. Das Fehlen dieser Interaktion mit der Umwelt ist unserer Meinung nach der größte Unterschied, wenn man mit dem Auto reist. Natürlich sind wir immer noch fremd und sobald wir unser kleines Nissan-UFO verlassen, ist das auch drei Kilometer gegen den Wind erkennbar. Aber solange wir im Auto bleiben, sind wir nur ein Vehikel von vielen. Wir haben zwar amerikanische Nummernschilder und das bewegt auch den einen oder anderen Mopedfahrer, neugierig zu uns rüberzulugen, aber unsere Scheiben sind verspiegelt und wir bleiben unerkannt und uninteressant. Wir werden im gleichen Maße als zugehörig anerkannt, wie wir unsere Außenwelt nicht tangieren, sondern nur wie in einem Computerspiel durchfloaten. Das ist ein seltsames Gefühl. Es ist einerseits bequem, weil man sich nicht auf die immer ähnlichen Gespräche in der immergleichen Fremdsprache einlassen muss, andererseits ist es sehr surreal und beraubt einen des Gefühls, wirklich da zu sein. (Autofahren ist hier übrigens wirklich wie Computerspielen: Es ist egal, auf welcher Seite man überholt, wie schnell man fährt, wieviele Spuren man entscheidet, der Straße zuzuweisen oder wieviele Motorradfahrer man schneidet, solange man ohne Lackschaden das Ziel erreicht.)
Freu mich immer auf einen neuen Beitrag und schaue täglich mehrmals;)
Leni und David habt euch wohl. Dickes Bussarl Mami
Hallo meine Lieben, it is amusing Eure Berichte zu lesen, ich freue mich so sehr auf jeden einzelnen. Ja der Juan, ein typischer matcho, genau wie mein (dein) Ginello, der läßt sichs den ganzen Tag gut gehen und will nur gekrault werden. Nachts schläft er zur Zeit auf dem Balkon. Müßt Ihr noch immer soviel schwitzen, oder nähert Ihr euch schon angenehmeren Gefilden, Bussi Omi