ikarus
„If the pilot shouts EVACUATE, you jump, count to three and then you pull here and try to land on your feet!“ A deutet auf einen metallenen Hebel an meinem Fallschirm, den er mir kurz davor über die Schultern gehängt hat. Ich muss ihn mit sehr großen Augen angestarrt haben, denn er fügt direkt danach ein „Usually, we don’t have to evacuate the plane“ hinzu.
A war ein Pariser Anwalt, bis er beschlossen hat, dass er jetzt nicht mehr Jurist in Frankreich sondern lieber Fallschirmsprunginstruktor in Chile sein möchte. Seitdem springt er an sonnigen Tagen zwischen 5 und 15 mal aus 4000 Metern Höhe und turnt davor und danach wie ein Animateur auf Speed um seine Gäste herum, die er alle „my friend“ nennt. Ich bin nicht sein friend sondern nur Lena, denn ich weigere mich, meine halbe Monatsmiete dafür zu zahlen aus einem vollkommen funktionstüchtigen Flugzeug zu springen.
Vollkommen funktionstüchtig ist zumindest das, als was sie es uns verkaufen. Auf dem mehr nach Blechhaufen als Flieger anmutenden Ding steht außen groß EXPERIMENTAL drauf und innen macht einen ein Schild darauf aufmerksam, dass dieser Flieger nicht von professionellen Flugzeugbauern zusammengesetzt wurde und sich deshalb nicht für den kommerziellen Einsatz eignet. Sitzplätze oder gar Gurte gibt es nicht (gut, wären auch hinderlich für den Zweck) und neben dem Pilotensitz ist ein Sticker von irgendeinem Heiligen angebracht. Die Tatsache, dass auch ich einen Fallschirm „für den Notfall“ tragen muss, tut sein Restliches in der Vertrauensbildung.
David beschließt zu springen, mir wird netterweise angeboten mitzufliegen und meiner media naranja (wie man seine bessere Hälfte auf Spanisch nennt) dabei zuzusehen, wie er sich an den ehemaligen Anwalt gekettet aus einer offenen Tür in die Wolken wirft und danach eine Kurzdistanz Joggingstrecke weit nach unten fällt. Natürlich komme ich mit.
Der Flieger ist holprig und der Pilot zeigt mir ein Daumen hoch als wir nach kurzer Anfahrt steil in die Luft steigen. Ich weiß nicht ob das bedeutet, dass er froh ist, abgehoben zu haben oder ob er mich fragt ob alles ok ist. Ich lächle ihn mit einem Kann-alles-heißen-Grinsen an, drehe mich weg und genieße die beeindruckende Aussicht. Nach sehr kurzer Zeit sind wir über dem Krater des Vulkans Villarrica, für den die Gegend eigentlich bekannt ist und fliegen knapp über die rauchende Öffnung hinweg. Ich bilde mir ein, sogar ein bisschen Lava zu sehen. Kurz danach öffnet sich die Seitentür und alle Insassen außer dem Piloten und mir verlassen sehr zügig das Flugzeug. Wir beide düsen im Steilflug wieder nach unten und sehen David gerade noch landen. Er ist danach so begeistert, dass er auch eine Ausbildung zum Fallschirmspringer machen möchte – Gottseidank haben wir aber weder genug Geld noch Zeit und nach kurzer aber hitziger Diskussion beschließt er, doch nach Europa zurückzukehren und seiner ursprünglichen Wunschprofession nachzugehen.
Wir sind übrigens in Pucon – hier waren wir schonmal und sind aus Begeisterung für diesen österreichähnlichen von Abenteuertouristen bevölkerten Hippieort für ein paar Tage zurückgekommen. Davor sind wir in unseren letzten Radfahrtagen von Puerto Varas über Osorno und Valdivia hierher getingelt. In Osorno haben wir hauptsächlich Pisco Sour mit unserer Vermieterin getrunken und Valdivia Stunden damit zugebracht, Seelöwen zu beobachten. Diese leben dort am Flussufer zwischen Fischmarkt, Popcornständen und radfahrenden Kindern. Man kann bis auf 2 Meter an sie rangehen, dann brüllen sie einen an. Aggressiv sind sie aber nicht – zumindest nicht zu Menschen, gegenseitig rangeln sie manchmal ein bisschen. Danach liegen sie aber meist schnell wieder aneinandergekuschelt und flätzen in der Sonne, sie meinen es also nicht allzu zu ernst mit dem Machogehabe.
Dann haben wir uns ein Mietauto genommen, mit dem wir jetzt langsam zurück nach Santiago fahren werden. Zuerst stehen jedoch noch ein paar wunderbare Spätsommertage hier in Pucon an, mit Vulkanwanderung, Thermenbesuch und vielen Bieren mit anderen Hostelgästen.
Ich hab den David sehr beneidet! Hab das auch einmal gemacht und es ist so schön. Aber gut, dass er doch wieder mitkommt. Und die Seelöwen sind so süß!
Ich sehe den David vor mir: „ich bin aus einem Flugzeug gesprungen!!“ seine leuchtend blauen Strahleraugen, seine überboardende gute Laune, seine Euphorie. Das ist die halbe Monatsmiete allemal wert😉
Mega find ich die wutzeldicken Seelöwen mitten in der Stadt😂
Genießt den Urlaub weiterhin.
Lage 5… ich freue mich auf euch
Hallo ihr zwei, das Adrenalin kenn ich von meinem ersten und letzten Sprung in Tschechien. Nur dass es kein Tandem war, sondern mit Automat. So tolle Erlebnisse. Bis bald 🥰
I think this is a real great blog post. Thanks Again. Fantastic. Korey Crandle